Warum beschäftigt sich ein junger Mensch mit Krankheiten?

Warum beschäftigt sich ein junger Mensch mit Krankheiten so intensiv, wenn die Person selbst nicht einmal ein Arzt ist oder ein Medizinstudent?

Diese Frage ist berechtigt und ich möchte einmal kurz aufschreiben, wie es kommt, dass ich in meinen jungen Jahren schon mehr von meinem Körperinnenleben weiß und auch gesehen habe, als manch anderer in meinem Alter.

Mein Verlobter hat mich einmal gefragt, wieso ich so unempfindlich sei, wenn ich mir weh getan habe. Ich würde einmal vermuten das es daran liegt, dass ich meinen ersten Migräneanfall mit fünf hatte (wenn man bei einem Kind schon von einem Migräneanfall sprechen kann).

Ich habe neben vielen positiven Erinnerungen wie z. B. mit meinem Bruder durch den Bach in den Wald laufen und dabei Dämme bauen oder den dicksten Schlamm von A nach B zu tragen.

Ich kann mich aber noch sehr gut an die Tage erinnern, wo ich im dunklen Zimmer im Bett lag mit einem Eimer neben mir und meinem damaligen Wellensittich „Enno“. Ich rollte mich von einer Seite zu anderen und drückte auf meine Stirn, bis ich vor Müdigkeit endlich einschlief.

Neben den Migräneanfällen hatte ich aber auch mit einer immer wiederkehrenden Mandelentzündung zu kämpfen. In der Pubertät blieben die Migräneanfälle, dafür wurden die Halsentzündungen weniger.

Neben meinen Stürzen von den Pferden, die so manchen blauen Fleck, Prellungen oder wie sich später heraus stellte, auch drei angebrochene Lendenwirbel mit sich zog, hatte ich öfter Schnupfen oder Grippe.

Ich war nie die Sportlichste. Ich bin zwar von meinem sechsten bis zum elften Lebensjahr geritten und habe dann mit vierzehn wieder angefangen, allerdings habe ich es nie geschafft, wirklich einen Kilometer mit dem Rad zu fahren, ohne außer Puste und klatsch nass geschwitzt zu sein. Beim Sportunterricht war ich grundsätzlich diejenige (laut Sportlehrer), welche nie genug gab, was mit einer vier quittiert wurde.

Als ich mit siebzehn durch Zufall gesagt bekommen habe, dass ich eine Schilddrüsenunterfunktion habe, musste ich mich das erste Mal damit auseinander setzen, ein Leben lang jeden Morgen eine Tablette zu schlucken.

Dem Reiten bin ich weiterhin treu geblieben und habe auch versucht mit Joggen meine Kondition aufzubessern. Ab dem 23 Lebensjahr häuften sich wieder meine Krankentage. Ich wusste den Verlauf schon im Vorfeld. Einen Tag frieren und dann stieg das Fieber auf meist 39,8 an. Schnupfen, Kopfschmerzen und einfach nur müde sein zog sich über zwei Tage. Ich brauchte meist dann fünf Tage um wieder „fit“ zu sein. Die Intervalle in denen ich krank wurde, wurden kürzer (von sechs Wochen Pause auf zwei Wochen Pause). Im Januar 2007 bin ich Nachts wach geworden und konnte kaum zum Klo gehen. Ich sah auf dem Fieberthermometer 39,8. Gegen halb sieben hatte das Fieber mit 40,4 eine Höhe erreicht, die ich nicht kannte. Ich lag im Bett und versuchte ruhig zu atmen. Mein Herz setzte immer wieder mal einen Schlag aus, oder Schlug so heftig, dass mir die Brust weh tat. Ich habe meine Mutter mit dem Handy informiert, dass sie mich bitte zum Arzt bringen soll. Mit ihrer Hilfe und der Hilfe meines Ex Mannes wurde ich angezogen. Um acht saß ich beim Arzt. Dieser sagte mir, ich habe einfach nur eine Grippe. Ich saß da und meinte, dass kann es nicht sein, mir tut die Brust weh. Es wurde ein EKG gemacht und plötzlich war der Arzt sehr besorgt. „Es ist eine Veränderung am EKG zu sehen und ich höre auch etwas, dass kann aber von ihrer Grippe kommen. Ruhen sie sich drei Tage aus, nehmen ihr Antibiotika und dann sehen wir uns wieder.“

Gesagt getan. Nach drei Tagen war das Geräusch noch da und für mich ging es dann zum Kardiologen. Nachdem der freudig und fasziniert erst einmal seine Praxiskollegen rein geholt hat und immer wieder sagte „Wie im Lehrbuch!“, bekam ich zwanzig Minuten später dann berichtet, was er gesehen hatte.

Ich weiß noch, dass ich Erleichterung empfand, als ich das Untersuchungszimmer verlassen habe. Endlich haben sie etwas gefunden und ich bin nicht verrückt oder bilde mir etwas ein. Meine Mutter versuchte ihre Fassung zu wahren, die im Zimmer des Arztes bei der Besprechung gerade nur so durch den Satz, „Man kann es aber reparieren?“, erhalten blieb.

Zwischen dem hohen Fieber und dem Aufenthalt in Oeynhausen lagen keine vier Wochen. In Oeynhausen habe ich beim Belastungs- EKG eine besorgte Schwester im Raum gehabt, die immer wieder sagte „Wenn es ihnen nicht gut geht, dann dürfen sie runter vom Fahrrad“. Mir ging es gut. Ich strampelte, schnaufte und schwitze. Ein Arzt war mittlerweile im Raum und meinte dann, ob ich wirklich noch könne.

Ich habe nach dem Eingriff erklärt bekommen, dass ein Mensch nie 100% Sauerstoff im Blut hat. Allerdings hätte mein Wert bei knapp 39% gelegen. Der Arzt, der nach dem Eingriff mir das Schirmchen gezeigt hat, sagte zu mir: „Als Arzt erlebe ich immer wieder interessante Sachen. Auch dieses Schirmchen ist für mich ein Fortschritt und eine große Freude, wenn ich es bei Personen wie ihnen erfolgreich einsetzen kann. Wenn alles gut läuft, ist in sechs Monaten das Gewebe drüber gewachsen und sie werden eine deutliche Steigerung ihres Allgemeinzustandes bemerken. Ist ihnen bewusst, dass es Glück war, dass ihr Hausarzt sie hier hin geschickt hat? Bei den Ergebnissen die wir von ihnen vorliegen haben, ist es bemerkenswert, dass sie noch Fahrrad gefahren sind! Ehrlich gesagt, wenn es nicht bemerkt worden wäre, wären sie einfach umgekippt. Ich schätze, die Belastung hätte ihr Herz vielleicht noch acht Wochen mit gemacht.“

Ich bin zwar weniger krank gewesen, jedoch fing nach dem Eingriff die Problematik mit meinem Rücken an. Das Herz konnte zwar mehr Leistung bringen, allerdings war ja keine Muskulatur mehr vorhanden. Mit einem Physiotherapeuten, der mich anderthalb Jahre fast zwei Mal in der Woche gesehen hat, habe ich meine Muskulatur so weit gestärkt bekommen, dass es nun mit Krafttraining weiter gehen konnte. In der Zeit hatte ich täglich Schmerzen im Rücken oder den Gelenken. Ich gewöhnte mir an, nur noch auf dem Rücken zu schlafen, damit ich nicht wieder irgendwelche Blockaden hatte. Meinen Reitsport habe ich dann nach und nach immer weniger betrieben, weil ich sehr oft starke Kopfschmerzen oder Taubheitsgefühle nach dem Reiten bekam.

Obwohl ich 2012 das „Aus“ für meinen Beruf bekam, sah ich in meiner Reha nach vorn und überlegte wie es weiter gehen kann (ok, das tu ich heute auch noch, oder vielleicht wieder?).

Ich nutzte meine Chance, dass ich aufgrund meiner Scheidung BAföG bewilligt bekam. Ich ging zum Kolleg, um in erster Linie mein Fachabitur nach zu holen (kleine Ziele). Ich habe in der Zeit mit dem Joggen angefangen und Anfang 2013 meinen ersten 18 km Lauf hinter mich gebracht. Ich bin in dem Jahr noch zwei mal 12 km, bzw. 16 km gelaufen. Meinen 10 km Lauf bin ich wie 2012 ebenfalls gelaufen. Seit 2014 klappte es mit dem Laufen immer weniger und auch Rad fahren viel mir schwer. Ich war zwar im März beim Hausarzt, weil es mir nicht gut ging und sie wollte mich auch zu einem Gastroenterologen schicken, allerdings wollte ich nicht. Die Schule viel mir immer schwerer. Teilweise schlief ich im Unterricht ein.

Ich habe in der Zeit gegen meinen Körper angekämpft. Ich bin mit dem Fahrrad zu Schule (Ein Weg ca. 9km) gefahren und auch wieder zurück. Ich bin trotz Müdigkeit Joggen gegangen und habe wo es auch immer ging, mich in irgend einer Weise bewegt.

Als ich im August in der Schule einschlief und dann nach Hause musste, weil es mir echt nicht gut ging, bin ich am nächsten Tag zu meiner Rheumatologin. Ich kam mir in dem Gespräch vor, wie damals bei dem Kardiologen. Das Gespräch ging auch wie in einem Film an mir vorbei. Ich wurde von ihr aus ins Krankenhaus geschickt, weil im April meine Blutwerte so schlecht waren. Ich hatte im April einen GGT von 856.

Mit dem Arzt im Krankenhaus hatte ich ausgemacht, drei Tage bleibe ich da. So wurden Untersuchungen an zwei Tagen gemacht, die sonst bei Patienten in ca. zehn Tagen gemacht werden. Da in der kurzen Zeit nicht alles geschafft wurde, musste ich noch einmal hin.

Resultat war, dass mir telefonisch mitgeteilt wurde, dass meine Leberbiopsie ergeben hat, dass ich schon länger eine Entzündung in der Leber habe, die diese schon geschädigt hat. Man würde jetzt schon von einer beginnenden Leberzirrhose sprechen. Ich gebe zu, hätte der Arzt mich nicht angerufen, ich hätte nicht nach dem Ergebnis gefragt. Die Tatsache dass ich aufgrund der Krankheit vom Westfalenkolleg zum Abendgymnasium gewechselt war, lag sehr schwer im Magen und auch heute kommt es mir noch vor wie ein Scheitern, obwohl ich trotz der Untersuchungen, der neuen Medikamente und ihrer Nebenwirkungen, es zum Fachabitur geschafft habe.

[14.09.2016: Mittlerweile habe ich das Abitur]

Fassen wir einmal zusammen, was bei mir nun vorliegt:

– Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)
– Hashimoto-Thyreoiditis
– Raynaud-Syndrom (Morbus Raynaud)
– Vorhofseptumdefekt
– Sjögren – Syndrom
– Morbus Scheuermann
– beginnende Leberzirrhose
– Autoimmune Hepatitis
– Asthma bronchiale

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