Es ist heute der fünfte Tag und ich habe es mit Hilfe einer Allergietablette zumindest geschafft, das erste Mal gegen 3:47 Uhr wach zu werden. Bescheuert! Eine Allergietablette als Schlafmittel zu mißbrauchen. Wobei, kann man hier wirklich über einen Mißbrauch reden? Sind sie nicht extra dafür geschaffen, uns in den Schlaf zu bringen, damit wir nicht merken, wie unser Körper gegen kleine harmlose Staubpartikel oder andere Substanzen ankämpft!? Obwohl sich der Schlafmangel bemerkbar macht, bin ich um 6:54 Uhr aufgestanden. Immerhin, nochmal drei Stunden geschlafen. Der Vorteil mit zu fahren und zu wissen „es sind nicht deine Kinder für die du wach sein musst“, beruhigt einen. Obwohl ich übermüdet bin, trage ich keine Verantwortung und kann mich aus den Aktivitäten auch raus halten.
Urlaub, was ist Urlaub genau? Welche Vorstellung macht man sich? Mein Bild war bis zu dem zweiten Tag des Urlaubes, dass ich mit den drei Herren aufstehe, zusammen esse und den durch Kinder vorgegebenen Tagesablauf mit mache. Ja, ich weiß! Kein Elternteil möchte es gerne hören, aber gestalten die Kleinen nicht den Urlaub? Wir Erwachsenen sind zwar der Meinung, dass wir den Ton angeben, aber ist dem wirklich so?
Als von außen betrachtende Person, muss ich manches Mal schmunzeln, wenn ich morgens mit Argwohn die Tür vom Gartenhaus beobachte und jede Bewegung der Türklinke beobachte. „Wann kommen sie? Habe ich noch die Chance meinen Artikel zu Ende zu lesen? Kann ich mein Mandelhörnchen noch alleine essen, ohne zwei große braune mit essenden Augen, am Tisch zu haben. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich mag die Beiden wirklich! Allerdings kann ein Tag sehr lang sein, wenn man müde ist Kopfschmerzen hat, sich mit Darmproblemen plagt weil man wieder etwas gegessen hat, was sich nur unter Protest weiterschiebt. Ich denke, in dem Punkt bekomme ich Zustimmung, dass ein Tag sehr lang werden kann, wenn man selbst nicht ganz fit ist.
Diesen Moment, bis ich gedanklich sage „SIE SIND HIER!“ und überlege ob das aus Poltergeist I oder II stammt, genieße ich. Die Sonne scheint mit auf meinen Rücken, in weiterer Entfernung hört man Vögel, die Nachbarn gehen in der gleichen gewohnten Steifigkeit morgens durch den Garten und sammeln Schnecken oder schneiden hier und da einen Grashalm ab, den „Schafi“ (selbstfahrender Elektrorasenmäher) vergessen hat. Danach kommt der Hund vom Nachbarn und geht ebenfalls kontrollieren, ob alles seine Ordnung hat.
Bei dem Hund halt ich immer einen Moment inne und erinnere mich an meine kleine Jack Russel Hündin. Morgen ist es genau ein Jahr her, dass ich zusammen mit Lutzy ihr Grab ausgehoben habe. Ich habe die Bilder noch genau vor mir, wie sie prüfend mit mir das Loch checkte. Beide haben wir davor gesessen und rein geschaut. „Das war es dann wohl meine Liebe“, langsam habe ich den Kopf zu ihr gedreht und sie sah mich mit ihren treuen braunen Augen an, als ob sie sagen wollte „Alles gut! Ich warte auf dich am anderen Ufer, so wie ich immer auf dich gewartet habe!“

Ich habe fast alle meine Pferde bis zum letzten Atemzug begleitet und ihnen selber das Halfter vom Kopf gezogen. Bei Lutzy war mir klar, in dem Moment wo sie den Raum betritt um die Spritze zu empfangen, werde ich nicht dabei sein. Ich bin meiner Mutter und dem damaligen Freund meines Bruders dankbar, dass sie Lutzy bis zum Schluss gestreichelt haben.
Als ich weinend im Wartezimmer saß und mich ein anderes Pärchen anschaute, was mit ihrem Hund gerade die Praxis verließ, dachte ich an die Male wo ich mit Lutzy genauso nach Hause gegangen bin „Zum Glück ist unsere Zeit noch nicht zu Ende“ habe ich gedacht und dieser Gedanke sprach aus den beiden Gesichtern zu mir. Nun saß ich da und dachte, wie feige es doch ist. Fast 13 Jahre hat sie mich begleitet und nun lasse ich sie allein. Mein gedanklicher Trost ist auch heute noch, während der Scheidung gab es ein hin und her, dass der Hund hinter her selber entschieden hat, dass er bei meinen Eltern wohnen wollte. Das Haus bot dem Hund viel Leben und die Möglichkeit sich in „seinen alten Garten“ zurück zu verziehen, was ihm auch gewährt wurde. Wenn man Lutzy suchte, lag sie im Garten des anderen Hauses und beobachtete „ihren“ Garten, genoss die Sonne und wedelte einmal kurz mit ihrer Rute wenn man kam. Die letzten zwei Jahre hat sie bei meinen Eltern gelebt und teilweise auch im Bett bei meiner Mutter geschlafen. Bei meiner Mutter, die sie nie im Haus haben wollte. Bei meinem Papa durfte sie auch mit ins Bett, wenn er seinen Mittagsschlaf gehalten hat. Mein Papa hat ihr zum Schluss auch ins Bett geholfen, da sie den Sprung auf das Bett nicht mehr geschafft hat. So lagen mein Papa, der Hund und die Katze in einem Bett, um den Mittagsschlaf zu halten.
Nachdem Lutzy eingebuddelt war, standen meine Mutter, der ehemalige Freund und ich bei Lutzy noch eine Weile und weinten. Meine Mutter meinte „Es ist doch immer scheiße. Man sollte sich keine Tiere anschaffen!“. Ich habe ihr dann nur gesagt „Dann hätten wir aber nicht so viele schöne Dinge mit ihr erlebt, wie z. B. Die Gummispielzeugfigur, die sie damals im Ganzen verschluckt hat und unversehrt wieder raus kam.“ Ich habe bis heute nicht verstanden, warum das Mädchen ihre Figur nicht wieder haben wollte…
Nun sitze ich ein Jahr später hier im Urlaub und erinnere mich, wie einfach das Leben vor einem Jahr noch war, oder bilde ich mir das vielleicht gerade nur ein, um einen Übergang zum eigentlichen Thema wieder zu bekommen!? Fakt ist zumindest, dass mit Lutzy 13 Jahre meines Lebens in einem Erdloch verschwunden sind. Ein halbes Jahr später war sämtliches aus meiner Ehe, welches lebendig war, „verstorben“.

Es ist 7:54 Uhr und ich frage mich gerade, wie viel Zeit bleibt mir jetzt noch, um wenigstens diesen Text fertig zu schreiben. Ich habe zwar den klaren Vorteil, dass ich einfach mein Buch lesen oder hier am Laptop schreiben kann, jedoch ist es sehr spannend zu verfolgen, wie ein gerade sechsjähriger lernt, dass man nicht immer alles nach ihm geht und jeder nach seiner Pfeife tanzt. Verstehen Sie das jetzt nicht falsch. Die beiden Jungs wissen das schon genau (Erziehung ist vorhanden), allerdings gibt es anscheinend noch einmal so eine Stufe in der Entwicklung, wo man meint, mit heulen und jammern die Gunst des Papas zu gewinnen, auch wenn man kurz vorher dem Bruder ein Schaukelbrett an den Kopf geknallt hat.
Es hat ein wenig was von einem Tennismatch. Der Ball geht nach links zum Kind und wird zurückgespielt zum Vater, der rechts sitzt. So geht das eine ganze Weile, bis der Vater ein Machtwort spricht und der Ball in der Mitte stecken bleibt. Zack! Steckt er im Netz fest und kann nicht zurück gespielt werden. Auch als Balljunge sollte man jetzt nicht den Fehler machen und ihn einsammeln, lieber Deckung hinter der Zeitung suchen oder dem Laptop. Im Übrigen, Schweigen eines Elternteils ist die gleiche Situation – machen Sie nie den Fehler und mischen sich ein!
Gerade eben musste ich feststellen, dass ich doch noch Herr meiner Sinne bin. Nachdem die Kohlmeisen Armee den Rasen inspiziert hatte und auch hier auf die überdachte Terrasse kam, sah ich einen rot weißen Kopf um die Ecke schauen. Ein „Miau“ beruhigte mich, ich hatte gestern dann doch keine Wahnvorstellungen.
Nach einer kurzen Abklärung, dass die Terrasse mein Reich ist, zog der getigerte Kater weiter.
Seit gestern breitet sich auch endlich die innerliche Urlaubsruhe aus, die mir beschrieben wurde. Denn als ich fragte wozu man in den Urlaub führe, da es doch vorher nur Stress ist, schaute man mich fassungslos an. Ja hallo?? Ich war seit meinem 10 Lebensjahr nicht mehr im Urlaub (die vier Tage im Jahr zählen wohl nicht als Urlaub). Interessant war zu sehen, dass es doch einige gab, die mit mir sofort getauscht hätten, allerdings nur bis zu dem Moment wo sie realisierten, dass sie vier Nächte mit drei Herren in einem Raum schlafen müssten. Ich glaube, meine Mutter wäre die Einzige gewesen, die den Raum für sich gehabt hätte – sie schnarcht. Das Zimmer für vier, wäre zum Einzelzimmer für sie geworden.
Alles in allem bin ich meinem Freund (ab jetzt Kasper) sehr dankbar. Er lässt mich an seinem Urlaub mit den Jungs teilhaben. Die Unsicherheiten nimmt er mir, in dem er viel erklärt. Wie er selbst immer sagt „Ich vergesse immer, dass du zwar 33 bist, aber für dich vieles so neu ist, wie für meine Jungs“. Die letzten Tage habe ich oft da gesessen und gedacht, wenn dies mein letzter Urlaub sein sollte, dann werde ich ihn auch genießen, obwohl ich ständig müde bin und nicht mal eben mit Fußball spielen kann. Gestern war auch der erste Tag, wo man merkte, dass die Kinder mit ihrem Papa den Urlaub auch ohne die Freundin gestalten können, ohne dass diese dann beleidigt ist oder rum zickt. Gibt mir jetzt ein noch größeres Gefühl von Entspannung…. mal schauen, wie lange es bleibt.
Bewusst habe ich die ersten Tage mich nicht groß den Sachen gewidmet, die eigentlich langsam wieder in die Hand genommen werden müssen. Nach den Sommerferien soll es mit der Schule weiter gehen und so ein halbes Jahr Pause hat doch auch seine Schattenseiten. Auch wenn viele der Meinung waren/sind, dass es mir viel bringt so eine gewisse Auszeit, stelle ich mir die letzten Tage die Frage, „hat mir diese Auszeit wirklich etwas gebracht? Hat sie mir die Erholung gebracht, die sich alle für mich erhofft hatten?“
Ich bin mir dessen nicht sicher. Es ist zwar schön, wenn man keinen Druck hat, sich um diese Klausur oder jene kümmern zu müssen. Jedoch habe ich in der Zeit auch über sehr vieles nachdenken können. Vielleicht viel zu viel. Warum möchte ich an dieser Stelle nicht näher drauf eingehen.
Da sich in den nächsten Minuten besagte Tür öffnet, werde ich hier und jetzt schließen, den Frühstückstisch decken und dann mich heute wieder mit ziehen lassen, bis mich die Müdigkeit wieder hindert unbeschadet einen Fuß vor den anderen zu setzen.
